Eine Corona-Infektion kann ein bewährtes Betreuungssetting durcheinander wirbeln. Wir geben einen Überblick, Tipps und Hilfestellungen.
So ist die Gesetzeslage
Der Bundestag hat auf die Lage in der Pflege in Zeiten von Corona reagiert. Durch das Pflegebonusgesetz vom 28. Juni 2022 wurden einige dieser Maßnahmen verlängert. Um den Überblick zu behalten, finden Sie hier die wichtigsten Informationen.
Anpassungen gibt es in folgenden Bereichen:
- kurzzeitige Arbeitsverhinderung
- Familienpflegezeit
- Entlastungsleistungen
Details finden Sie unten unter den jeweiligen Punkten.
Hinweis: Nutzen Sie das Angebot der Pflegeberatung, um sich für Ihre individuelle Lage Hilfe zu holen. Die Angebote sind telefonisch und digital erreichbar. Ansprechpartner:innen sind Pflegekassen, die Pflegestützpunkte der Bundesländer sowie die Angebote der Kommunen und Wohlfahrtsverbände. Eine bundesweite Datenbank mit Adressen finden Sie bei der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege.
Kurzzeitige Arbeitsverhinderung, vereinfacht und verbessert für die Zeit der Corona-Krise
In einem akuten Pflegefall haben Beschäftigte normalerweise das Recht auf eine Auszeit von ein bis zehn Arbeitstagen, um die Pflege zu Hause zu organisieren. Das nennt sich kurzzeitige Arbeitsverhinderung. Arbeitgeber sind innerhalb dieses Zeitraums verpflichtet, betroffene Mitarbeiter von der Arbeit freizustellen. Während der Corona-Pandemie wird bis zum 30. April 2023 der Anspruch auf Freistellung von normalerweise 10 auf bis zu 20 Arbeitstage verlängert (bereits genutzte Tage müssen Sie natürlich abziehen).
Dies gilt nur für coronabedingte Versorgungsengpässe. Sollte der pflegerische Versorgungsengpass dadurch entstehen, dass eine Einrichtung geschlossen ist, reicht eine Bestätigung der Pflegeeinrichtung als Nachweis. Sollten Angebote oder Betreuungen ganz oder teilweise eingestellt werden, sollten Sie bei diesen Anbietern um Bestätigung bitten. Ansonsten reicht auch eine Bestätigung des behandelnden Arztes. Wenn die übliche Pflegeperson coronabedingt ausgefallen ist und Sie daher die Pflege übernehmen oder organisieren müssen, reicht eine kurze Bestätigung der Pflegeperson aus.
Wichtig zu wissen:
- Auch wenn Sie als Angehörige:r schon einmal den Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld genutzt haben, können Sie ihn nun nochmal geltend machen. Allerdings werden die Arbeitstage, die Sie bereits genutzt haben, von den 20 Tagen abgezogen.
- Und: Es ist möglich, sich die Arbeitsverhinderung aufzuteilen. Beispielsweise können sich zwei Geschwister jeweils 10 Tage frei nehmen.
- Der Anspruch setzt nicht voraus, dass die Beschäftigten zunächst gegebenenfalls vorhandene Urlaubsansprüche nutzen.
- Alle Arbeitnehmer haben darauf ein Recht – und zwar unabhängig von der Größe Ihres Unternehmens. Eine bestimmte Ankündigungsfrist gibt es nicht. Sie ist also sofort möglich. Jedoch sind Sie verpflichtet, Ihrem Arbeitgeber den Verhinderungsgrund und die voraussichtliche Dauer mitzuteilen.
Zum Thema Gehalt: Eine Lohnfortzahlung während der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung gibt es nur, wenn diese ausdrücklich im Arbeitsvertrag oder als Ergänzung dazu vereinbart wurde.
Gibt es keine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber, zahlen die Pflegekassen für die kurzzeitige Arbeitsverhinderung ein Pflegeunterstützungsgeld. Diese Leistung wird bis 30. April 2023 jetzt auch für bis zu 20 Tage gezahlt. Auch hier werden bereits genutzte Tage abgezogen. Das Pflegeunterstützungsgeld beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Netto-Entgelts. Sie müssen sie bei der Pflegekasse des pflegebedürftigen Angehörigen unverzüglich beantragen.
Das gilt für Familien- und Pflegezeit bis zum 30. April 2023
Das galt schon vor Corona:
- Arbeitnehmer:innen können bis zu 6 Monate vollständig oder teilweise aus dem Job aussteigen, um einen pflegebedürftigen Angehörigen zu Hause zu pflegen. Das nennt sich Pflegezeit und gilt für Betriebe mit mehr als 15 Beschäftigten.
- Generell gilt: Wenn 6 Monate Pflegezeit nicht ausreichen, können Arbeitnehmer:innen bis zu 2 Jahre teilweise aus dem Job aussteigen, um pflegebedürftige Angehörige zu Hause zu pflegen. Dies gilt generell für Betriebe mit mehr als 25 Mitarbeitern. Das nennt sich Familienpflegezeit. Arbeitnehmer:innen werden hier für höchstens 24 Monate teilweise von der Arbeit freigestellt.
Das sind die aktuellen Veränderungen:
Wer die Familienpflegezeit noch nicht oder noch nicht vollständig genommen hat, kann sie aufgrund der Erleichterungen durch die Corona-Pandemie vorerst flexibler in Anspruch nehmen:
- So kann die Mindestarbeitszeit von 15 Stunden in der Woche der Familienpflegezeit für einen Monat unterschritten werden.
- Haben Sie die Pflegezeit oder Familienpflegezeit bislang noch nicht vollständig ausgeschöpft, dann können Sie, mit Zustimmung Ihres Arbeitgebers, kurzfristig Restzeiten dieser Freistellungen in Anspruch nehmen. Die Gesamtdauer von 24 Monaten darf jedoch nicht überschritten werden. Erkundigen Sie sich frühzeitig bei der Pflegekasse nach Ihrer Restzeit.
- Die weiteren Flexibilisierungen im Pflegezeitgesetz und im Familienpflegezeitgesetz, wie etwa eine kürzere Frist für die Ankündigung der Familienpflegezeit oder die Möglichkeit, diese per E-Mail anzukündigen, gelten ebenfalls bis zum 30. April 2023.
Für die Zeiten, die Sie bis zum 30. April 2023 nehmen, gelten die nachfolgenden Regelungen:
- Für Familienpflegezeit, die spätestens am 1. April 2023 beginnt, gilt, dass Sie sie beim Arbeitgeber spätestens 10 Arbeitstage vor dem gewünschten Beginn in Textform ankündigen müssen. Textform bedeutet eine lesbare Erklärung von dem Betroffenen. Nicht erforderlich ist eine echte Unterschrift. Daher kommt auch eine Erklärung per Fax oder Brief ohne Unterschrift, E-Mail oder auch SMS oder WhatsApp in Betracht. Auch die weiteren Ankündigungen und Vereinbarungen, zum Beispiel über die Mindestarbeitszeit, können in solcher Textform erfolgen.
- Normalerweise können Beschäftigte für denselben pflegebedürftigen Angehörigen nur einmal eine Pflegeauszeit (Familien-und/oder Pflegezeit) nehmen. Durch die gesetzlichen Änderungen ist es jetzt vorübergehend möglich, beruflich erneut für die Pflege eines nahen Angehörigen kürzer zu treten, wenn die Gesamtdauer von 24 Monaten noch nicht erreicht ist und die Auszeit mit Ablauf des 30. April 2023 endet. Wichtig: Der Arbeitgeber muss zustimmen.
- Vorübergehend ist die Bestimmung aufgehoben, dass die Familienpflegezeit unmittelbar an die Pflegezeit anknüpfen muss. Voraussetzungen sind, dass die Gesamtzeit von 24 Monaten nicht überschritten wird und die Freistellung mit Ablauf des 30. April 2023 endet. Der Arbeitgeber muss zustimmen.
- Um den geringeren Lohn auszugleichen, kann ein Darlehen beantragt werden. Um dies auszugleichen, werden bis zum 30. April 2023 pandemiebedingte Einkommensausfälle bei der Ermittlung der Darlehenshöhe auf Antrag nicht berücksichtigt.
Sollten Sie also einen Einkommensverlust durch zum Beispiel durch verringerte Arbeitszeit, Kurzarbeit oder andere Corona-bedingte Einbußen haben, vergessen Sie nicht, einen solchen Antrag auf Berücksichtigung mit entsprechenden Nachweisen zu stellen!
Hinweis: Planen Sie frühzeitig und achten Sie auf die Fristen!
Entlastungsleistungen und Erleichterungen in Zeiten von Corona
Für stundenweise Betreuung durch einen Pflege- oder Betreuungsdienst und weitere Entlastung im Alltag könnten Sie Entlastungsleistungen in Anspruch nehmen. Das geht natürlich nur, falls Ihr Angehöriger einen Pflegegrad hat und falls Sie in der aktuellen Situation noch Betreuungsdienste mit freien Kapazitäten finden. In normalen Zeiten kann der Entlastungsbetrag kann genutzt werden für:
- Tages- und Nachtpflege, auch für die Kosten für Unterkunft, Mahlzeiten und Investitionen
- Kurzzeitpflege
- Leistungen von ambulanten Pflegediensten:
- Personen mit Pflegegrad 1 können sämtliche notwendigen Leistungen eines Pflegedienstes mitfinanzieren.
- In den Pflegegraden 2 bis 5 sind körperbezogene Pflegemaßnahmen, wie das Waschen und Anziehen, ausgenommen. Diese dürfen ausschließlich mit den Pflegesachleistungen finanziert werden. Der Entlastungsbetrag steht lediglich für zusätzliche Unterstützung zur Verfügung, wie etwa Hilfe im Haushalt und Alltagsgestaltung.
- Angebote zur Unterstützung im Alltag bei Anbietern, die nach Landesrecht zugelassen sind, z. B. haushaltsnahe Dienstleistungen, Gruppenangebote, Alltags- und Pflegebegleiter.
Erweiterungen aufgrund der Corona-Krise:
Die Erleichterungen für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 wurden bis zum 30. April 2023 verlängert. Hiernach können Sie, abweichend von den allgemeinen Regelungen, den Entlastungsbetrag auch für andere Hilfen in Anspruch nehmen. Allerdings nur, wenn Sie damit Versorgungsengpässe überwinden müssen, die eine Folge der Corona-Krise sind.
Sie müssen das bei der Krankenkasse nachweisen. Achten Sie also darauf, dass Sie Ihre Bemühungen, einen regulären Betreuungsdienst zu finden, belegen können. Notieren Sie sich zum Beispiel Ihre telefonischen Versuche mit Name und Uhrzeit. Sollten Sie keinen regulären Dienst finden, können Sie andere professionelle Angebote oder auch nachbarschaftliche Hilfe einsetzen. An den Nachweis gegenüber der Pflegekasse zur Erstattung der Kosten sollen die Pflegekassen im Interesse einer zügigen und unbürokratischen Abwicklung keine überhöhten Anforderungen stellen.