Wann darf der Versorger den Strom abschalten?
Bereits ab einem Zahlungsrückstand von 100 Euro kann Ihr Versorger den Strom oder das Gas abklemmen. Davor muss er allerdings bestimmte gesetzliche Vorgaben einhalten. Er darf eine Energiesperre verhängen, wenn
- er die Sperre vier Wochen vorher androht,
- den Vollzug der Sperre drei Werktage vorher ankündigt,
- der Verbraucher mindestens einen Betrag von 100 Euro nicht gezahlt hat und
- die Sperre verhältnismäßig ist bzw.
- der Verbraucher dem Energieversorger nicht in Aussicht stellt, seinen Zahlungspflichten nachzukommen.
Im Fall der jungen Mutter kam der finale Brief mit der Sperr-Androhung am Freitagnachmittag mit der Post. Sie sollte bis Montagfrüh 1.000 Euro bezahlen, auf diesen Betrag hatten sich die nicht gezahlten Abschläge ohne ihr Wissen aufsummiert. Doch so viel konnte sie übers Wochenende nicht auftreiben.
Gibt es aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie besondere Regelungen?
Es gab eine gesetzliche Ausnahmeregelung, die finanziell angespannten privaten Haushalten in der Corona-Pandemie helfen sollte. Sie ist aber zum 30. Juni ausgelaufen. Daher können Sie sich nicht mehr auf das Leistungsverweigerungsrecht berufen. Die monatlichen Strom- und Gasabschläge sowie die Kosten für Wasser, Telefon und Internet müssen nun wieder regelmäßig und pünktlich überwiesen werden.
Und: Wem in den Monaten April bis Juni ein Zahlungsaufschub gewährt wurde, muss die entstandenen Rückstände beim Versorger nun ausgleichen. Gundsätzlich soll das sogar in einer Summe geschehen. Wenn Sie das vor Schwierigkeiten stellt, raten die Verbraucherzentralen, möglichst rasch Kontakt zum Versorgungsunternehmen aufzunehmen: Je früher der Energieversorger von den Zahlungsproblemen erfährt, desto besser sind die Chancen eine gemeinsame Lösung zu finden. Keinesfalls sollten Sie Zahlungserinnerungen oder Mahnungen ignorieren!
Sie können Ihrem Versorgungsunternehmen verschiedene Vorschläge machen:
- Ratenzahlung: Wer offene Rechnungen nicht auf einen Schlag begleichen kann, sollte um eine Ratenzahlung bitten.
- Zeitweilige Erhöhung der Abschläge: Eine zeitweilige Anhebung des Abschlags kann die Summe der Rückstände reduzieren.
- Stundung: Bei absehbar vorübergehenden Zahlungsproblemen lässt sich auch eine Stundung bis zur nächsten Jahresabrechnung aushandeln. Eine gute Alternative beispielsweise für Menschen, die in Kurzarbeit sind oder gerade Krankengeld beziehen.
- Darlehen: Wer Sozialleistungen erhält, kann sich vom Jobcenter oder dem Sozialamt Geld leihen, um seine Energieschulden zu begleichen. Ein solches Darlehen können Betroffene formlos beantragen.
Und: Suchen Sie Hilfe. Unterstützung bei allen nötigen Schritten gibt es bei vielen Verbraucherzentralen, bei Rechtsanwälten und anderen Schuldnerberatungen.
Hinweis: Alle unsere Informationen für Verbraucher in Corona-Zeiten finden Sie übrigens auf unserer Übersichtsseite zum Thema.
Wie kann ich mich vor Zahlungsrückständen und einer Stromsperre schützen?
Bezahlen Sie Ihre Abschläge regelmäßig und pünktlich. Denn wenn Zahlungsrückstände auflaufen, ist Ihr Energieversorger berechtigt, die Belieferung mit Energie einzustellen. Zahlungen für Strom, Heizung und Miete sollten für Sie darum immer Vorrang haben. Generell gilt: Diese Zahlungen müssen vor allen anderen Rechnungen beglichen werden.
- Verbraucher, die Leistungen von Jobcenter oder Sozialamt beziehen, können ihre Abschläge auch direkt vom Sozialleistungsträger an den Energieversorger überweisen lassen. Gut zu wissen: Sie können einen formlosen Antrag direkt bei der entsprechenden Behörde stellen.
- Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Haushaltsfinanzen und achten Sie darauf, dass Ihre Ausgaben nicht Ihre Einnahmen übersteigen.
- Notieren Sie Ihre Einkünfte und Ausgaben für jeden Monat z.B. in einem Haushaltsbuch. So haben Sie immer im Blick, wohin Ihr Geld fließt.
- Halten Sie fest, wie viel Geld Sie im Monat für Miete, Nebenkosten, Strom, Versicherungen etc. benötigen. Den Rest Ihrer Einnahmen können Sie für Ihre Lebenshaltung ausgeben oder sogar ansparen. Kontrollieren Sie Ihre Ausgaben sorgfältig - dann können Sie auch ein knappes Budget sinnvoll verwalten.
- Bei Minirente und geringem Einkommen lohnt es sich für Sie zu prüfen, ob ein ergänzender Anspruch auf staatliche Hilfen (Wohngeld, Grundsicherung etc.) besteht.
Wie behalte ich meinen Energieverbrauch unter Kontrolle?
Lesen Sie Ihre Zählerstände regelmäßig - mindestens einmal im Quartal - ab und notieren Sie diese z.B. in einer Tabelle. Nutzen Sie darüber hinaus konsequent Ihre individuellen Möglichkeiten der Energieeinsparung.
Achten Sie darauf, dass Ihre Abschlagszahlungen zu Ihrem Stromverbrauch passen und weder zu niedrig noch deutlich zu hoch bemessen sind. Zu niedrige Abschlagszahlungen führen zu hohen Nachforderungen bei der Jahresrechnung. Bei zu hohen Abschlagszahlungen können Sie sich bei der Jahresrechnung auf eine Rückzahlung freuen - doch fehlt das Geld in den Vormonaten vielleicht an anderer Stelle.
- Prüfen Sie Ihre Abschlagszahlungen und lassen Sie diese bei Bedarf von Ihrem Stromversorger an den tatsächlichen Energieverbrauch anpassen.
- Manchmal ist es sinnvoll zu prüfen, ob ein Tarif- oder Anbieterwechsel zur Kosteneinsparung beiträgt.
- Achtung: Bedenken Sie auch, dass der günstigste Anbieter nicht automatisch der für Sie beste Anbieter sein muss.
Was kann ich machen, wenn die Stromsperre kurz bevorsteht oder der Energieversorger den Strom bereits abgestellt hat?
Wenn Sie Zweifel daran haben, dass die Energiesperre berechtigt ist, können Sie sich bei vielen Verbraucherzentralen frühzeitig Hilfe holen - oder bei einer gemeinnützigen Schuldnerberatungsstelle oder bei einem Rechtsanwalt. Die Versorgungsunterbrechung kann beispielsweise unberechtigt sein, wenn die ausstehende Forderung gering ist, aber die Folgen der Sperre eine besondere Härte für den betroffenen Haushalt darstellen.
Die junge Mutter blieb am Ende „nur“ 4 Tage ohne Strom. 4 Tage, in denen sie telefonisch schwer erreichbar war, nicht waschen und nicht kochen konnte. Eine Situation, die sie auch wegen ihrer kleinen Kinder als „unmenschlich“ beschreibt. Sie hat sich juristische Hilfe gesucht, nachdem sie allein beim Versorger und dem Jobcenter keinen Erfolg hatte. Kurz darauf bezahlte das Jobcenter die fehlenden Abschläge und sie wurde wieder ans Stromnetz angeschlossen.
In der Regel gilt: Eine Energiesperre zu verhindern ist leichter zu bewerkstelligen als einen gesperrten Anschluss wieder freizuschalten. Außerdem fallen bei einer Sperre weitere Kosten an - denn sowohl die Sperrung selbst als auch die Entsperrung kosten Geld. Diese Zusatzkosten treiben die Rechnung zusätzlich in die Höhe.
Doch auch wenn die Sperre berechtigt ist, gilt: Werden Sie aktiv und bemühen Sie sich frühzeitig um Hilfe.