Wann darf der Versorger den Strom abschalten?
Ihr Versorger kann den Strom oder das Gas abklemmen, wenn Ihr Zahlungsrückstand das Doppelte des monatliches Abschlages oder der monatlichen Vorauszahlung erreicht. Wurden kein Abschlag oder Vorauszahlung vereinbart, muss der Rückstand ein Sechstel der Jahresrechnung erreichen. In jedem Fall muss er aber mindestens 100 Euro betragen.
Beispiel 1: Jahresrechnung 1.200 Euro, kein Abschlag vereinbart. Der Rückstand muss ein Sechstel der Rechnung betragen, also mindestens 200 Euro. Dies liegt über dem Grenzwert von 100 Euro, so dass ab diesem Rückstand eine Sperrung zulässig wäre.
Beispiel 2: Jahresrechnung 540 Euro, monatliche Abschläge 45 Euro, zwei Abschläge wurden nicht gezahlt. Das wären aber erst 90 Euro, daher wäre eine Sperrung trotz des Rückstandes in Höhe von zwei Abschlägen nicht zulässig. Erst wenn der Rückstand insgesamt 100 Euro beträgt, darf gesperrt werden.
Gesperrt werden darf auch nicht, wenn Verbraucher:innen die Zahlung innerhalb von 2 Wochen aufgrund eines offensichtlichen Fehlers verweigert haben.
Vor der Sperre muss der Versorger zudem bestimmte gesetzliche Vorgaben einhalten. Er darf eine Energiesperre verhängen, wenn
- er die Sperre vier Wochen vorher androht,
- er den Vollzug der Sperre 8 Werktage vorher in Briefform ankündigt,
- die Kund:innen mit mindestens zwei Abschlagszahlungen im Rückstand sind, wobei der Zahlungsverzug bei mindestens 100 Euro liegen muss,
- die Sperre verhältnismäßig ist. Das bedeutet, dass der Verbraucher oder die Verbraucherin dem Energieversorger nicht in Aussicht stellt, seinen Zahlungspflichten nachzukommen und
- er Kund:innen in Textform darüber informiert hat, wie sie eine Unterbrechung vermeiden können. Das können örtliche Hilfsangebote sein, Vorauszahlungssysteme, Energieaudits und -beratungsdienste, staatliche Unterstützung oder anerkannte Schuldner- und Verbraucherberatung. Dabei entstehen Ihnen keine Mehrkosten.
- er dem Kunden bzw. der Kundin spätestens mit der Ankündigung der Sperre eine "Abwendungsvereinbarung", das heißt eine Ratenzahlung zur Vermeidung der Sperre angeboten hat. Diese muss für beide Seiten wirtschaftlich zumutbar sein.
Im Fall der jungen Mutter kam der finale Brief mit der Sperr-Androhung am Freitagnachmittag mit der Post. Sie sollte bis Montagfrüh 1.000 Euro bezahlen, auf diesen Betrag hatten sich die nicht gezahlten Abschläge ohne ihr Wissen aufsummiert. Doch so viel konnte sie übers Wochenende nicht auftreiben.
Gibt es aufgrund der aktuellen Energiepreis-Krise besondere Regelungen?
Es gab eine gesetzliche Ausnahmeregelung, die finanziell angespannten privaten Haushalten in der Corona-Pandemie helfen sollte. Sie ist aber zum 30. Juni 2020 ausgelaufen. Daher können Sie sich nicht mehr auf das Leistungsverweigerungsrecht berufen. Eine ähnliche Regelung aufgrund der Energiepreiskrise wurde bisher nicht verabschiedet. Die monatlichen Strom- und Gasabschläge sowie die Kosten für Wasser, Telefon und Internet müssen nun wieder regelmäßig und pünktlich überwiesen werden.
Wenn Sie das für Sie schwierig ist, raten die Verbraucherzentralen, möglichst rasch Kontakt zum Versorgungsunternehmen aufzunehmen: Je früher der Energieversorger von den Zahlungsproblemen erfährt, desto besser sind die Chancen eine gemeinsame Lösung zu finden. Ignorieren Sie auf keinen Fall Zahlungserinnerungen oder Mahnungen!
Sie können Ihrem Versorgungsunternehmen verschiedene Vorschläge machen:
- Ratenzahlung: Wer offene Rechnungen nicht auf einen Schlag begleichen kann, sollte um eine Ratenzahlung bitten.
- Zeitweilige Erhöhung der Abschläge: Eine zeitweilige Anhebung des Abschlags kann die Summe der Rückstände reduzieren.
- Stundung: Bei absehbar vorübergehenden Zahlungsproblemen lässt sich auch eine Stundung bis zur nächsten Jahresabrechnung aushandeln. Eine gute Alternative beispielsweise für Menschen, die in Kurzarbeit sind oder gerade Krankengeld beziehen.
- Darlehen: Wer Sozialleistungen erhält, kann sich vom Jobcenter oder dem Sozialamt Geld leihen, um seine Energieschulden zu begleichen. Ein solches Darlehen können Betroffene formlos beantragen.
Und: Suchen Sie Hilfe. Unterstützung bei allen nötigen Schritten gibt es bei vielen Verbraucherzentralen, bei Rechtsanwälten und anderen Schuldnerberatungen.
Hinweis: Alle Verbraucher:innen-Informationen in Corona-Zeiten finden Sie übrigens auf dieser Übersichtsseite.
Wie kann ich mich vor Zahlungsrückständen und einer Stromsperre schützen?
Bezahlen Sie Ihre Abschläge regelmäßig und pünktlich. Denn wenn Zahlungsrückstände auflaufen, ist Ihr Energieversorger berechtigt, die Belieferung mit Energie einzustellen. Zahlungen für Strom, Heizung und Miete sollten für Sie darum immer Vorrang haben. Generell gilt: Diese Zahlungen müssen vor allen anderen Rechnungen beglichen werden.
- Verbraucher:innen, die Leistungen von Jobcenter oder Sozialamt beziehen, können ihre Abschläge auch direkt vom Sozialleistungsträger an den Energieversorger überweisen lassen. Gut zu wissen: Sie können einen formlosen Antrag direkt bei der entsprechenden Behörde stellen.
- Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Haushaltsfinanzen und achten Sie darauf, dass Ihre Ausgaben nicht Ihre Einnahmen übersteigen.
- Notieren Sie Ihre Einkünfte und Ausgaben für jeden Monat z.B. in einem Haushaltsbuch. So haben Sie immer im Blick, wohin Ihr Geld fließt.
- Halten Sie fest, wie viel Geld Sie im Monat für Miete, Nebenkosten, Strom, Versicherungen etc. benötigen. Den Rest Ihrer Einnahmen können Sie für Ihre Lebenshaltung ausgeben oder sogar ansparen. Kontrollieren Sie Ihre Ausgaben sorgfältig - dann können Sie auch ein knappes Budget sinnvoll verwalten.
- Bei Minirente und geringem Einkommen lohnt es sich für Sie zu prüfen, ob ein ergänzender Anspruch auf staatliche Hilfen (Wohngeld, Grundsicherung etc.) besteht.
Wie behalte ich meinen Energieverbrauch unter Kontrolle?
Überprüfen Sie Ihre Zählerstände mindestens einmal im Quartal und notieren Sie sie z.B. in einer Tabelle. Überlegen Sie darüber hinaus konsequent, wo Sie Energie einsparen können.