Geld mit der Steuererklärung zurückholen: Was ändert sich für Rentner:innen?

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2021 und 2022 gab es einige Gerichtsurteile zu Steuern, die sich auf die Zukunft auswirken werden. Im Interview erklärt Steuer-Expertin Gabriele Waldau-Cheema, worauf Rentner:innen bei der Steuererklärung für 2022 achten sollten, und gibt wertvolle Tipps.
Kleine Figuren stehen auf einem Steuerbescheid. Drumherum Geldmünzen und Scheine
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Ratgeber Autorin und Steuer-Expertin Gabriele Waldau-Cheema

Gabriele Waldau-Cheema

ist staatlich geprüfte Betriebswirtin und Bilanzbuchhalterin mit großer Erfahrung beim Thema Einkommensteuererklärung. Die erfolgreiche Autorin gibt Steuertipps in vielbesuchten Veranstaltungen der Verbraucherzentrale.

Jetzt ist ihr neuer Ratgeber "Steuererklärung für Rentner und Pensionäre 2022/2023" in unserem Shop erschienen.


Wir haben noch ein bisschen Zeit für die Steuererklärung: Der Stichtag für die Abgabe der 2022er-Steuererklärung ist coronabedingt auf den 2. Oktober 2023 verlängert worden. Was ist neu bei der Steuer 2022?

Das ist doch so einiges. Zuerst einmal greift das Inflationsausgleichsgesetz vom Dezember 2022. Da wurden rückwirkend die Tarifeckwerte in der Steuertabelle verschoben. So soll ein Abbau der "Kalten Progression" erreicht werden. Außerdem wurden die Kinderfreibeträge rückwirkend angepasst und ab 2023 wird das Kindergeld erhöht auf einheitlich pro Kind 250 Euro.

Arbeitgeber dürfen ihren Arbeitnehmern zusätzlich zum vereinbarten Lohn oder Gehalt einen Inflationsbonus bis zu 3.000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei gewähren. Die Auszahlung kann in einer Summe oder Teilbeträgen erfolgen – spätestens jedoch bis zum 31. Dezember 2024.

Der Werbungskostenpauschbetrag wurde für 2022 auf 1.200 Euro erhöht und beträgt ab 2023 sogar 1.230 Euro. So kann sich mancher die mühsame Belegsammlung ersparen. Für Steuerpflichtige mit einer weiten Anfahrt zur Arbeit wurde die Pendlerpauschale rückwirkend ab 1. Januar 2022 auf 38 Cent ab dem 21. Kilometer erhöht.

Und wie wirkt sich Corona auf die Steuer 2022 aus?

Für Rentner:innen gibt es gar nicht so viele Änderungen, anders als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind sie in der Regel weder von Kurzarbeit, Quarantäne-Zahlungen noch durch Home Office betroffen.

Allerdings wurden im Jahressteuergesetz 2022 mit Wirkung ab Veranlagungsjahr 2023 etliche Änderungen bezüglich Home-Office-Pauschale und Arbeitszimmer beschlossen. Das wirkt sich zwar erst bei der Steuer für 2023 aus. Allerdings ist es auf jeden Fall ratsam, genau die Anzahl der Fahrten zur Arbeit und vor allem - ganz neu - die Zeiten für Tätigkeiten im Arbeitszimmer beim Home Office zu notieren.

Das betrifft beispielsweise Lehrer:innen, die morgens vor der Arbeit noch am PC Unterrichtsvorbereitungen erledigen aber auch eventuell Rentner:innen, die das Arbeitszimmer für schriftliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit Vermietung nutzen.

Zeichnen sich weitere Änderungen für Rentner:innen ab?

Tatsächlich wurden bereits 2021 einige Urteile gesprochen, die sich auf die Zukunft auswirken dürften. Mit Urteilen des Bundesfinanzhofs vom Mai 2021 wurden zwar Klagen von Rentner:innen wegen der "Doppelbesteuerung" abgelehnt. Dennoch verlangten die Richter:innen Veränderungen in der Besteuerung, die hauptsächlich künftigen Rentner:innen zugutekommen sollen.

In diesem Zusammenhang werden ab 1. Januar 2023 alle Altersvorsorgeaufwendungen voll, also zu 100 Prozent, als Sonderausgaben steuermindernd angesetzt. Für 2022 waren das lediglich 94 Prozent. Und im Juli 2021 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Finanzämter die Berechnung der Zinsen seit 2014 mit 6 Prozent deutlich zu hoch angesetzt hatten. Zwar dürfen diese weiterhin bis 2018 so abgerechnet werden, nämlich mit einem halben Prozent pro Monat.

Allerdings muss für die Veranlagungszeiträume ab 2019 eine neue Berechnungsmethode entwickelt werden. Deshalb ergingen die Bescheide nur noch "vorläufig". Inzwischen ist eine neue Regelung verabschiedet: 0,15 Prozent pro Monat, also 1,8 Prozent jährlich. Die bisher vorläufigen Bescheide werden nun nach und nach angepasst.

Und wie sieht es mit der viel diskutierten Energiepreispauschale aus?

Da muss ich länger ausholen: Eigentlich gibt es nicht nur eine, sondern 3 Energiepreispauschalen, kurz EPP. Die erste lag bei 300 Euro für Rentner:innen, die in der Regel bereits im Dezember 2022 ausgezahlt wurden.

Die zweite EPP ist für Berufstätige gedacht. Für sie gab es ebenfalls 300 Euro. Diese wurde meist bereits vom Arbeitgeber zusammen mit dem Lohn ausgezahlt. Auf dem "eTin"-Beleg steht dann ganz oben der Merkbuchstabe "E". Die dritte EPP ist für Studierende und beträgt 200 Euro.

Die drei EPP wirken parallel. So kann beispielsweise ein Rentner, der nebenbei arbeitet, zweimal 300 Euro beanspruchen. Die EPP wird pro Person gezahlt. Für ein Rentnerehepaar, bei dem beide eine eigene Rente beziehen und beide auch noch einen Minijob haben, sind das immerhin 1.200 Euro.

Allerdings ist die EPP grundsätzlich steuerpflichtig – ausgenommen für reine Minijobber – und wird in der Steuererklärung 2022 mit versteuert. Nur in Ausnahmefällen haben Steuerpflichtige keine EPP erhalten, etwa weil sie im Herbst ausschließlich Lohnersatzleistungen bezogen haben. Das kann auch Minijobber betreffen, bei denen der Arbeitgeber die EPP nicht gezahlt hat. Auch ein Rentner mit zusätzlicher Betriebsrente (Steuerklasse 1-5), der zusätzlich auf Steuerklasse 6 gearbeitet hat, wird bislang leer ausgegangen sein. In diesen Fällen kann die Auszahlung über die Einkommenssteuererklärung 2022 beantragt werden.

Es reicht übrigens aus, wenn Sie irgendwann 2022 berufstätig waren, um die EPP zu beanspruchen. Wer also als Hausfrau oder Hausmann im Frühjahr 2022 eine "kurzzeitige Beschäftigung" hatte, kann ebenfalls über die Steuererklärung eine EPP beantragen. Denn im Frühjahr war von der EPP noch gar keine Rede und der Arbeitgeber konnte gar nicht auszahlen.

Wer mehrere Berufstätigkeiten hat, beispielsweise Hauptjob und Nebentätigkeit oder zwei Minijobs, bekommt die EPP rechtmäßig nur einmal. Die Arbeitgeber haben sich das vor der Auszahlung meist schriftlich bestätigen lassen. Irrtümlich zu viel beantragte oder ausgezahlte EPP müssen zurückbezahlt werden.

Da pauschal besteuerte Minijobs bislang nicht elektronisch ans Finanzamt übermittelt werden, müssen die Steuerpflichtigen selbst entsprechende Angaben in der Steuererklärung machen.

Eine neue Regelung hat der Gesetzgeber ja mit der "Mobilitätsprämie" geschaffen. Welche Auswirkungen haben diese auf Rentner:innen?

Nun, zunächst können wir davon ausgehen, dass nur wenige Rentner:innen betroffen sind, denn eine Voraussetzung ist die Berufstätigkeit. Die Mobilitätsprämie ist zunächst befristet für die Jahre 2021 bis 2026, genau wie die Pendlerpauschale. Nur, wer mehr als 20 Kilometer Entfernung zur Arbeit hat und insgesamt auf mehr als 1.200 Euro Werbungskosten kommt, kann davon profitieren. 2023 müssen die Werbungskosten übrigens über 1.230 Euro liegen. Die Pendlerpauschale wurde rückwirkend ab 2022 auf 38 Cent ab dem 21. Kilometer erhöht.

Bisher galt die Devise "Wer nichts zahlt, bekommt nichts zurück". Die Mobilitätsprämie durchbricht diese Regel, denn wer aufgrund des geringen Einkommens keine Steuern gezahlt hat, kann gleichwohl diese Prämie beim Finanzamt beantragen. Aber seien Sie enttäuschungsfest: Es sind wirklich nicht sehr viele Steuerpflichtige betroffen. Das Ausfüllen der Formulare ist allerdings unerlässlich und was am Ende dabei herauskommt, ist mehr als überschaubar.

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Wie erleben Sie aktuell den Zulauf in Sachen Steuererklärungen?

Eine wirklich "heikle" Frage. Aufgrund der Verschiebung der Abgabefristen in den Corona-Jahren und der konsequenten Durchsetzung der Verspätungs- und Säumniszuschläge sowie Schätzungen beim Finanzamt werden wir jetzt zu Beginn des Jahres geradezu bombardiert mit eingereichten Steuerunterlagen.

Die "Bummelanten" möchten noch schnell die Steuer 2021 erledigen und nutzen die verlängerten Abgabefristen der steuerberatenden Berufe, um die Zuschläge zu sparen, denn eigentlich ist die Abgabe ja seit 31. Oktober 2022 überfällig.

Und die "Eiligen" möchten schnell die erhofften Erstattungen für 2022 erhalten oder aber auch zumindest wissen, was aufgrund von Kurzarbeit, Quarantäne und Home-Office und EPP auf sie zukommt. Leider laufen bei der Finanzverwaltung meist die Steuerprogramme noch nicht und auch das Auslesen der elektronischen Daten ist in der Regel erst ab März zuverlässig möglich.

Mein Eindruck ist übrigens, dass sich mehr und mehr Steuerpflichtige nicht zuletzt durch die massive Werbung in den Medien berufen fühlen, mit einer Steuer-App "mal eben" ihre Erklärung ans Finanzamt zu übermitteln. Das macht es für uns schwierig zu helfen, wenn die Ergebnisse anders ausfallen als erhofft. Häufig ist kaum nachvollziehbar, was genau dem Finanzamt mitgeteilt wurde, wenn nicht entsprechende Ausdrucke gefertigt wurden.

Insgesamt kann ich Rentner:innen nur raten, ihr Augenmerk verstärkt auf die Sonderausgaben zu legen, also beispielsweise Spenden und Beiträge zu gemeinnützigen Vereinen, außergewöhnliche Belastungen wie krankheitsbedingte Kosten und vor allem auf haushaltsnahe Aufwendungen wie Handwerkerlöhne oder Kosten für Haushaltshilfen. Denn leider wirken sich die Werbungskosten, die für Arbeitnehmer:innen bedeutsam sind, bei Rentner:innen nicht oder nur sehr wenig aus.

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