Pflege um jeden Preis?

Pressemitteilung vom
Kostensteigerungen auch für Pflegebedürftige
Frau sitzt mit gestresstem Blick am Schreibtisch und bearbeitet Dokumente

Das Wichtigste in Kürze:

  • Enorme Preissteigerungen in Pflegeheimen angekündigt
  • Verbraucher*innen müssen Entgelterhöhung zustimmen
  • Sonderkündigungsrecht zum Zeitpunkt der Entgelterhöhung

Zur Zeit kündigen viele Pflegeheime enorme Preissteigerungen zum 01.09.2022 an. Ratsuchende, die sich deshalb an die Verbraucherzentrale gewandt haben, sind mit Erhöhungen von bis zu 50 % konfrontiert.

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Die Anbieter begründen das unter anderem mit dem Gesundheitsversorgungsentwicklungsgesetz (GVWG), das Einrichtungen dazu verpflichtet, ihre Pflege- und Betreuungskräfte auf Tarifniveau zu bezahlen. Die Einrichtungen sind entweder an einen Tarifvertrag gebunden oder müssen sich an einem, durch die Pflegekassen ermittelten, regional üblichen Entgeltniveau orientieren. Ferner werden die Entgelterhöhungen mit den gestiegenen Preisen, bedingt durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine, begründet.

Drastische Entgelterhöhungen

Obwohl Verbraucher*innen eine bessere Entlohnung der Pflegekräfte befürworten, sind viele mit den Entgelterhöhungen auch überfordert und fragen sich, ob die Pflegeheime die Entgelte so drastisch erhöhen dürfen. Zurzeit informieren viele Einrichtungen über die beabsichtigte Erhöhung und den Erhöhungszeitpunkt. Es ist noch unklar, wie hoch die Entgelterhöhungen tatsächlich ausfallen werden. Die Höhe der meisten Entgelte wird zwischen den Einrichtungen und Pflegekassen sowie Trägern der Sozialhilfe ausgehandelt. Dabei wird auch die Angemessenheit der Erhöhung geprüft. Die Einrichtungen teilen in den Ankündigungsschreiben an die Verbraucher*innen also zunächst den Erhöhungsbetrag mit, den sie in den Verhandlungen erreichen wollen. Erst durch den Verhandlungsabschluss wird die tatsächliche Erhöhung und deren Zeitpunkt festgelegt und die Anbieter dürfen den dort festgelegten Betrag von den Bewohner*innen fordern.

Zustimmung zur Entgelterhöhung nötig

Das Gesetz gibt keine Grenze vor, bis zu welchem Prozentsatz die Kosten erhöht werden dürfen. Solche Preissteigerungen und deren Kalkulation können zudem sehr komplex sein und sind für die Verbraucher*innen oft nicht nachvollziehbar. Auch wenn sich die Höhe der geforderten Beträge noch ändern kann, sollte man das Schreiben trotzdem genau lesen. „Es gibt ein gesetzlich fest vorgeschriebenes Verfahren, das die Einrichtungen einhalten müssen, damit die Entgelterhöhung wirksam werden kann“, sagt Oleh Vovk, Leiter im Projekt „Pflegerechtsberatung“ bei der Verbraucherzentrale Berlin.

  • Die Einrichtung muss schriftlich mindestens vier Wochen im Voraus mitteilen, um welchen Betrag das Entgelt erhöht wird und ab welchem Zeitpunkt.
  • Die Entgelterhöhung muss begründet sein.
  • Es müssen alle Positionen benannt werden, für die sich eine Entgelterhöhung ergeben wird.
  • In dem Schreiben müssen die alten und neuen Entgeltbestandteile gegenübergestellt sein.
  • Der Maßstab, nach dem die Kostensteigerung auf die Verbraucher*innen in einer Einrichtung umgelegt wird, muss angegeben werden.
  • Die Verbraucher*innen sollen außerdem Gelegenheit bekommen, in die Kalkulationsunterlagen zu schauen.
  • Die Verbraucher*innen müssen der Entgelterhöhung noch zustimmen, bevor das erhöhte Entgelt in Rechnung gestellt werden kann.

Werden die gesetzlichen Pflichten nicht erfüllt, ist die Entgelterhöhung unwirksam. In diesem Fall sollten die Verbraucher*innen ihre Zustimmung verweigern. Die Einrichtung müsste dann die Zustimmung einklagen.

Eine andere Option bei einer Entgelterhöhung vorzugehen, ist die Kündigung. „Es besteht ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht für die Bewohner*innen zu jenem Zeitpunkt, an dem die Einrichtung das erhöhte Entgelt verlangt. Bevor jedoch gekündigt wird, sollte zunächst geprüft werden, ob eine geeignete Alternative gefunden werden kann“, so Vovk.

Weitere Informationen

Die Pflegerechtsberatung berät Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zu vertragsrechtlichen Fragen in der Pflege persönlich, telefonisch oder per E-Mail unter pflegerecht@vz-bln.de. Für kurzfristige, dringende Fragen kann die Hotline der Pflegerechtsberatung unter 030 214 85-260 genutzt werden.

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wiedergibt.
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