Schnell geliefert, schlecht gekennzeichnet

Pressemitteilung vom
Verbraucherzentrale Berlin mahnt Lieferdienste Gorillas, Flink und Getir ab
Nahaufnahme eines Richterhammers

Das Wichtigste in Kürze:

  • Auch beim Online-Einkauf von Lebensmitteln müssen alle Pflichtangaben wie Allergenkennzeichnung, Zutatenliste oder Grundpreisangabe mit Ausnahme des Mindesthaltbarkeitsdatums vorhanden sein
  • Bei allen drei Anbietern fehlten Grundpreisangaben und verschiedene Kennzeichnungselemente
  • Bei allen drei Anbietern mussten Vertragsklauseln im Hinblick auf die Zahlungsmodalitäten beanstandet werden

Lust zu kochen, aber keine Lust, in den Supermarkt zu gehen? Dann kann man sich in Berlin innerhalb kürzester Zeit von verschiedenen Anbietern den Einkauf bequem an die Tür liefern lassen. Doch bestehen für Verbraucher*innen vielleicht auch Nachteile oder Risiken? Das hat die Verbraucherzentrale Berlin stichprobenartig bei Gorillas, Flink und Getir überprüft. Gefunden wurden unzureichende Lebensmittelkennzeichnungen und nicht zulässige Vertragsklauseln. Das Ergebnis: Alle drei Anbieter wurden wegen unterschiedlicher Verstöße abgemahnt. Gorillas und Flink sicherten zu, diese abzustellen. Bei Getir war dafür eine Klage nötig, die nun zugunsten der Verbraucherzentrale Berlin entschieden wurde.

Off

Wie sind die Vorgaben?

Online-Verkäufer von Lebensmitteln müssen in ihrem Shop dieselben Informationen liefern, die man auch auf den Verpackungen und im Supermarkt findet. Dazu gehören unter anderem die Bezeichnung des Lebensmittels, Zutatenliste inklusive Allergenkennzeichnung, Füllmenge, Nährwertkennzeichnung, Preis inklusive Grundpreis und die Herkunft des Lebensmittels, wenn diese Angabe – so wie für die meisten Obst- und Gemüsesorten – verpflichtend ist. Nur das Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum müssen nicht angegeben werden, auch wenn Hinweise wie „nach Lieferung noch mindestens 3 Monate haltbar“ im Onlineshop natürlich nützlich sind.

Auch bei Online-Verkäufen von Lebensmitteln gelten die allgemeinen Rechtsgrundsätze, so dass eine Zahlungspflicht für Verbraucher*innen grundsätzlich erst nach Abschluss eines Vertrages entstehen kann.

Was hat die Verbraucherzentrale Berlin beanstandet?

Nach Beschwerde einer Verbraucherin bezüglich einer fehlenden Allergenkennzeichnung wurden die Apps von Gorillas, Flink und Getir geprüft.

Dabei fiel bei Gorillas bei einigen Produkten auf, dass alle Pflichtangaben fehlten, da die Kennzeichnung nicht lesbar war. Bei anderen Produkten war mindestens ein Teil der Kennzeichnungselemente nicht vorhanden. Dies zeigte sich auch bei Flink. Auf den ersten Blick sah die Kennzeichnung in der Getir-App besser aus, bei näherer Betrachtung zeigten sich jedoch fehlende Nährwertdeklarationen oder auch fehlende Herkunftsangaben, zum Beispiel bei Paprika. Bei allen Anbietern fehlten die verpflichtenden Grundpreisangaben, die einen Preisvergleich ermöglichen. „Selbst wenn es schnell gehen soll, müssen Verbraucher*innen alle vorgeschriebenen Angaben auch im Onlineshop finden können. Gerade im Fall von Allergien und Unverträglichkeiten sind Zutatenlisten und Allergene schließlich besonders wichtig“, sagt Dr. Britta Schautz, Projektleitung Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Berlin.

Allen Vertragsbedingungen zufolge waren Verbraucher*innen zur Zahlung des Kaufpreises bereits mit Abschluss des Bestellprozesses verpflichtet, obwohl ein Kaufvertrag erst später durch die ausdrückliche Annahme der Bestellung zustande kommen sollte. „Diese Verfahrensweise widerspricht rechtlichen Grundsätzen, wonach eine Leistung immer erst auf Grundlage eines Vertragsverhältnisses gefordert werden kann und ist geeignet, Verbraucher*innen unangemessen zu benachteiligen, wenn zum Beispiel die Bestellung nicht bestätigt wird“, sagt Claudia Both, Rechtsreferentin bei der Verbraucherzentrale Berlin.

Dies wurde im Sinne des Verbraucherschutzes nun durch das Landgericht Berlin (Urteil v. 08.11.2022, 15 O 34/22 – nicht rechtskräftig) in dem Verfahren gegen Getir bestätigt: Auch ein schnelllebiges Geschäft erfordere keine Regelung, mit der Verbraucher*innen zu einer Zahlung vor Vertragsschluss verpflichtet werden.

Gorillas und Flink sicherten bereits nach der Abmahnung zu, in Zukunft verbraucherfreundlicher zu kennzeichnen sowie unwirksame Klauseln zu ändern.

Welche Tipps helfen im Verbraucheralltag?

Selbstverständlich gelten auch für den Online-Verkauf von Lebensmitteln die allgemeinen Regeln fürs Internet-Shopping. Allerdings: Für frische Produkte mit kurzer Haltbarkeit gibt es kein Widerrufs- und Rückgaberecht.

Sollten Verbraucher*innen nicht alle Pflichtangaben beim Online-Lebensmittelkauf finden, können sie dies per E-Mail unter ernaehrung@vz-bln.de oder Montag 10–12 Uhr und Mittwoch 12–14 Uhr telefonisch unter 030 214 85-140 bei der Verbraucherzentrale melden.

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wiedergibt.
Vodafone-Firmenschild vor Hochhaus

Verbraucherzentrale Bundesverband reicht Sammelklage gegen Vodafone ein

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) verklagt Vodafone Kabel wegen unzulässiger Preiserhöhungen. Hintergrund: 2023 erhöhte das Unternehmen bei laufenden Verträgen für Internet und Festnetzanschluss einseitig die Preise. Jetzt ist das Klageregister eröffnet und Sie können sich eintragen.
Gaspreis wird mit Zeigefinger an einem Chronograph geberemst

Energiepreisbremsen, Härtefallfonds: Die Maßnahmen der Bundesregierung

Mit den Preisbremsen bei Strom, Gas und Fernwärme hielt der Staat die Preise für 2023 im Zaum, erst darüber wurde es deutlich teurer. Für Heizöl und andere Brennstoffe gab es einen Härtefallfonds. Hier finden Sie alle Informationen, die für diese Zeit galten und können Ihre Rechnungen prüfen.
Ein Mann fährt auf einem Lastenfahrrad

Verkaufsstopp bei Babboe: Zwei weitere Modelle sind betroffen

Die niederländische Behörde für Lebensmittel- und Verbrauchsgütersicherheit hatte im Februar den Verkauf von Lastenrädern der Marke Babboe gestoppt. Da bei einigen Modellen Sicherheitsmängel vorlagen, die zum Teil in Rahmenbrüchen endeten, muss sich der Lastenfahrrad-Hersteller nun mit strafrechtlichen Ermittlungen auseinander setzen.