Ihr Score ist eine Vorhersage
Vielleicht wollten Sie schon einmal etwas auf Rechnung bestellen und es hat nicht geklappt. Nachdem Sie Ihre Daten eingegeben haben, kam die Meldung, dass diese Zahlungsoption aktuell leider nicht zur Verfügung steht. Ein technischer Defekt? Eher nicht. Wahrscheinlich hat Ihr Score den Schwenk im Bezahlsystem ausgelöst. Aber was ist eigentlich ein Score?
Scoring ist ein mathematisch-statistisches Verfahren, mit dem vorhergesagt werden soll, wie Sie sich verhalten. Private Auskunfteien wie Schufa, Crif Bürgel, Arvato, Creditreform Boniversum und Infoscore Consumer Data berechnen mit dem Score-Wert, wie wahrscheinlich es ist, dass Sie Ihre offenen Posten bezahlen. Ein schlechter Score-Wert kann dazu führen, dass Ihnen bestimmte Zahlungs- oder Kreditoptionen nicht angeboten werden.
Die Geschichte
In den 1920er Jahren verkaufte die Berliner Städtische Elektrizitätswerke-Aktiengesellschaft (BEWAG) an zuverlässige Kunden nicht nur Strom, sondern auch Haushaltsgeräte wie zum Beispiel Kühlschränke. Diese Haushaltsgeräte waren als Ratenkauf erhältlich. Um zu beurteilen, welche Kunden für den Kauf in Frage kamen, überprüfte das Unternehmen das Zahlungsverhalten bei der Stromrechnung. Nur wer pünktlich zahlte, konnte einen Kühlschrank erwerben.
Schnell wurde einigen Mitarbeitern der BEWAG klar, dass die Informationen über das Zahlungsverhalten der Kunden auch für andere Unternehmen wertvoll waren. 1927 gründeten sie die „Schutzgemeinschaft für Absatzfinanzierung“ – heute bekannt als SCHUFA.
Wie genau funktioniert Scoring?
Zurück ins digitale Zeitalter. Wie genau funktioniert das eigentlich Scoring in Zeiten des Internets? Sicher ist, dass Sie bei unterschiedlichen Auskunfteien ein Profil haben. Dort werden Daten über Sie gesammelt. Zum Beispiel Ihr Name, Ihr Geburtsdatum, die aktuelle Anschrift und auch, ob Sie ein Konto oder einen Handyvertrag haben. Das sind die so genannten Positivdaten. Aber das ist noch nicht alles. Darüber hinaus wird vermerkt, ob Sie bei einzelnen Rechnungen oder Raten im Zahlungsverzug sind. Das sind die so genannten Negativdaten.
All diese Daten dienen dazu, Sie in eine bestimmte Gruppe einzusortieren und Ihren Score-Wert zu berechnen.
Ein Beispiel: Nehmen wir mal an, die Score-Skala einer Auskunftei geht von 0 bis 100. Wenn Sie einen Score-Wert von 95 Prozent haben, dann bedeutet das, dass 95 von 100 Kunden in Ihrer Vergleichsgruppe die Rechnungen fristgerecht bezahlt haben.
Als generelle Regel gilt: Eine niedrige Punktezahl (Score-Wert) bedeutet, dass Sie Ihre Rechnungen sehr wahrscheinlich nicht bezahlen. Menschen mit einem niedrigem Score-Wert werden als wenig kreditwürdig eingestuft.
Wie genau die Auskunfteien den Score-Wert bilden, fällt unter das Geschäftsgeheimnis. Jede Auskunftei hat ihr eigenes Berechnungsverfahren und unterschiedliche Score-Werte.
Scoring ist erlaubt
Jeder Mensch hat einen Finanz-Score. Auch wenn man sich dafür nicht angemeldet hat. Denn Auskunfteien sammeln Daten über Sie, ohne dass Sie davon etwas mitbekommen.
Scoring ist erlaubt. Die Art und der Umfang der Daten, die Auskunfteien über dich sammeln dürfen, hat der Gesetzgeber festgelegt. Aus legal gewonnenen Daten dürfen Auskunfteien einen Score-Wert für dich bilden.
Allerdings dürfen nicht alle Daten in dein Profil aufgenommen werden. Angaben zum Beruf, zur Höhe deines Gehalts, zur persönlichen Lebenssituation, zu deinem Arbeitgeber oder zu deinem Glauben haben in deinem Scoring-Profil nichts verloren.
In anderen Ländern sind schon neue Formen des Scorings entstanden. Unternehmen wie Zest Finance, Kreditech, LendUp oder Earnest werten große Datenmengen aus, um Vorhersagen über Kreditwürdigkeit von Usern zu treffen. Zum Beispiel beobachten sie, wie sich Nutzer im Netz bewegen, was sie einkaufen oder welche Aussagen sie auf Social Media-Plattformen machen. In Deutschland ist diese Form des Big-Data-Scorings aufgrund der Datenschutzgesetze nicht möglich. Als klassische Auskunfteien wie die SCHUFA in einem Forschungsprojekt die öffentlich einsehbaren Daten aus den sozialen Netzwerken für das Scoring nutzen wollten, wurde das Projekt nach Protesten wieder gestoppt.
Warum berechnen Auskunfteien meinen Score-Wert?
Auskunfteien arbeiten mit verschiedenen Unternehmen zusammen. Ihr Score-Wert ist zum Beispiel für Banken, Versicherungen, Versorgungsunternehmen oder Onlinehändler interessant. Wenn zum Beispiel ein Onlinehändler wissen möchte, wie wahrscheinlich es ist, dass Sie Ihre Rechnung bei einem Kauf auf Rechnung bezahlen, wird er die Auskunftei um Informationen bitten.
Scoring gibt es übrigens nicht nur in der Finanzwelt. Auch die Präventionsprogramme von Krankenkassen setzen beispielsweise darauf. In der Medizin sind Scores ebenfalls verbreitet. Wenn heute ein Baby auf die Welt kommt, wird ein Arzt oder eine Hebamme den Apgar-Score ausfüllen. Der soll Vorhersagen darüber ermöglichen, wie gut dem Neugeborenen die Anpassungen an das Leben außerhalb des Mutterleibs gelingt.