Was steckt hinter der Werbung zu CBD-Ölen?
Zwei bis drei Tropfen unter die Zunge geträufelt oder einfach in den Mund gesprüht und Kopfschmerzen, Entzündungen und Angstzustände verschwinden - so steht es zumindest auf unzähligen Internetseiten zu CBD-Öl. Aber es gibt auch gegenteilige Aussagen von enttäuschten Schmerzpatienten, die berichten, dass sie keine Wirkung des CBD-Öls spüren.
CBD ist die Abkürzung von Cannabidiol, einer von vielen Inhaltsstoffen der Hanfpflanze. Im Gegensatz zum Hanfbestandteil THC (Abkürzung für Tetra-Hydrocannabinol) hat CBD keine berauschende (psychoaktive) Wirkung, gilt nach einem Urteil des Europäischen Gerichthofs (C 663/18) vom 19.11.2020 auch nicht als Betäubungsmittel. Es gibt zwar Hinweise, dass CBD entzündungshemmend und schmerzlindernd wirkt. Diese Hinweise sind allerdings noch nicht ausreichend im Rahmen klinischer Studien gesichert. Fragen zur richtigen Dosierung und vor allem zu Sicherheit, Neben- und Wechselwirkungen sind noch nicht geklärt.
Angebliche Erfahrungsberichte - wie man sie derzeit sehr häufig im Internet findet - zur Heilung bzw. Linderung von Schmerzen, Depressionen oder Schlaflosigkeit sind mit erheblicher Skepsis zu betrachten. Auch vermeintliche Nutzerbewertungen, in denen positive Wirkungen beschrieben werden, können gefälscht sein.
Umfrage: Was sich Menschen von CBD-Produkten versprechen
Die Stiftung Warentest hat in einer Ende 2020 durchgeführten repräsentativen Befragung herausgefunden, dass etwa 12 % der Deutschen mehr und minder regelmäßig CBD-Produkte verwenden. Die meisten (55 %) versprechen sich davon Hilfe beim Entspannen, Stresslinderung (43 %) sowie Hilfe gegen Schlafstörungen (38 %). Ein kleiner Teil (5 %) hofft auf Schmerzlinderung. 15 % verspüren dagegen eine Aktivierung.
Bei den als Nahrungsergänzungsmittel angebotenen CBD-Ölen handelt es sich meist um Hanföl, andere Pflanzenöle oder MCT-Fette mit einem CBD-Anteil von 5-20 Prozent. Werbung mit krankheitsbezogenen Aussagen ist für Lebensmittel (und damit auch für Nahrungsergänzungsmittel) grundsätzlich verboten. Lebensmittel dürfen allenfalls gesundheitsbezogen beworben werden. Und zwar dann, wenn eine entsprechende gesundheitsbezogene Angabe wissenschaftlich bewiesen und von der EU zugelassen ist. Auch das ist aktuell für CBD nicht der Fall.
Die Stiftung Warentest stellte nach einem Test diverser Produkte fest, dass für keines der Produkte ausreichende wissenschaftliche Belege vorliegen – weder für die ausgelobten Eigenschaften noch für Effekte auf das Wohlbefinden, die viele Anbieter auf ihren Webseiten andeuten. Und das verärgert Verbraucher:innen sehr wohl.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum empfiehlt Krebspatienten bei Bedarf auf CBD-Arzneimittel, die auch vom Arzt verschrieben werden können, zurückzugreifen.
Welche Nebenwirkungen sind möglich?
Für CBD sind zahlreiche unerwünschte Effekte bekannt. So löst CBD bei jedem Zehnten Schläfrigkeit und Benommenheit aus. Genauso häufig scheint CBD zu Schlaflosigkeit, Schlafstörungen und innerer Unruhe zu führen.
Weitere häufige Nebenwirkungen sind Unwohlsein, Durchfall, Appetitlosigkeit oder Hautausschläge. Möglicherweise ist auch die Infekthäufigkeit nach Verwendung von CBD gesteigert.
Ist CBD-Öl illegal auf dem Markt?
Im Novel Food-Katalog der Europäischen Union ist CBD als neuartig in Lebensmitteln aufgeführt, da es vor 1997 nicht in nennenswerten Umfang auf dem europäischen Lebensmittelmarkt vertreten war. Daher bedarf CBD vor dem Verkauf einer Zulassung nach vorheriger Sicherheitsprüfung. Tatsächlich laufen derzeit drei Anträge auf Novel-Food-Zulassung für synthetisch hergestellte Cannabidiole. Die Einstufung als neuartig gilt auch für weitere Cannabinoide wie CBDA, CBG, CBN oder CBC. Und auch ein Hanf-Extrakt, der Cannabinoide enthält, ist, so das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), als neuartig einzuordnen und bedarf einer Zulassung.
Einige Hersteller vertreten die Auffassung, dass ein Hanf-Extrakt, der die gleiche natürliche Konzentration an CBD hat wie die Nutzpflanze kein neuartiges Lebensmittel darstellt. Solche Produkte, bei denen CBD nicht angereichert ist, als CBD-Öl zu bezeichnen, ist aus Sicht der Verbraucherzentrale allerdings irreführend. So gibt es Anbieter, die einfaches Hanf-Speiseöl zu deutlich überhöhten Preisen mit Hinweis auf einen natürlichen CBD-Gehalt anpreisen.
Aus Behördensicht ist der Verkauf nicht erlaubt. Das BVL schreibt in dem Fragenkatalog zu CBD auf seiner Internetseite: "dem BVL ist derzeit keine Fallgestaltung bekannt, wonach Cannabidiol (CBD) in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre".
Auch nach Auffassung des Land Nordrhein-Westfalens handelt es sich bei Cannabidiol-Produkten (CBD-Produkten), die sich als Nahrungsergänzungen im Markt befinden, um nicht zugelassene neuartige Lebensmittel, die nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen. Diese rechtliche Bewertung wird durch vorliegende Gerichtsurteile gestützt. Eine abschließende Entscheidung der EU-Kommission ist jedoch noch ausstehend.
Konkret: CBD-Produkte sind als Lebensmittel derzeit nicht zugelassen.
Aktuell werden daher CBD-Öle häufig als Aromaöle verkauft – diese sind aber nicht zum Verzehr (zur oralen Aufnahme) geeignet.
Allgemeinverfügungen verbieten CBD-Verkauf als Lebensmittel
Cannabidiol-haltige Produkte, also alle Lebensmittel, die Cannabidiol als CBD-Isolate oder mit CBD angereicherte Hanfextrakte enthalten, sind in NRW durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, als neuartig und ohne Zulassung nicht verkehrsfähig eingestuft worden. Vorausgegangen war eine Beurteilung CBD-haltiger Produkte unter Berücksichtigung des Lebensmittelrechts, Arzneimittelrechts und des Betäubungsmittelrechts durch eine Arbeitsgruppe bestehend aus allen Chemischen- und Veterinäruntersuchungsämtern NRW (CVUÄ), dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW (MULNV) und dem Ministerium für Arbeit Gesundheit und Soziales NRW (MAGS). Diese kann hier eingesehen werden.
Vor diesem Hintergrund haben mehrere Städte in NRW auf Basis einer Allgemeinverfügung das Inverkehrbringen (Verkauf und kostenlose Abgabe) von „Lebensmitteln, die Cannabidiol als CBD-Isolate“ oder mit „CBD angereicherte Hanfextrakte“ enthalten, untersagt, so am 17. Juni 2020 die Stadt Köln (Amtsblatt Nr. 48). Das gilt auch für Nahrungsergänzungsmittel. Inzwischen sind in NRW die Stadt Düsseldorf und die Kreise Rhein-Sieg und Rhein-Erft dem Beispiel gefolgt.
In Thüringen gibt es beispielsweise eine Allgemeinverfügung für die Stadt Jena und den Saale-Holzland-Kreis sowie für die Stadt Gera.
Diese Verkaufsverbote beziehen sich nicht nur auf den stationären Handel, also den Verlauf im Ladengeschäft, von dort aus darf auch kein Versand- oder Internethandel angeboten werden.
Gerichtsurteile stärken Verkaufsverbot
Ein Hersteller von CBD-Kapseln argumentierte vor Gericht, dass es sich bei seinen Produkten um neuartige Lebensmittel handeln würde, deren gesundheitsschädliche Wirkung nicht nachgewiesen sei. Mit Datum vom 04. März 2021 urteilte das Berliner Verwaltungsgericht (VG 14 L 37/21), dass der Nachweis einer konkreten Gesundheitsgefahr durch die Behörden nicht erforderlich sei. Maßgeblich sei allein, dass das Produkt nicht auf mögliche Gesundheitsgefahren untersucht worden ist (durch die EFSA wie es für die Zulassung als neuartig nötig ist).
Zuvor schon hatte das Verwaltungsgericht Hamburg (Beschluss vom 26. Januar 2021, 7 E 4846/20) geurteilt, dass der Verkauf von neuartigen CBD-haltigen Lebensmitteln bei fehlender Zulassung mittels einer Allgemeinverfügung untersagt werden darf. Hanfsamenöle mit zugesetztem Hanfextrakt seien als neuartige Lebensmittel im Sinne der Novel-Food-Verordnung anzusehen.
Was ist CBD-Öl?
CBD wird aus den oberirdischen Teilen (z.B. Blätter oder Stängel) der Nutzhanfpflanze Cannabis sativa L. (EU-zertifizierte Sorte) gewonnen. Der natürlich vorkommende Gehalt an Gesamt-CBD von EU-Hanf-Sorten beträgt bis zu 5 %.
CBD-Öl ist nicht zu verwechseln mit dem im Lebensmitteleinzelhandel befindlichen Hanföl, welches aus den Hanfsamen hergestellt wird. Einige CBD-Extrakte werden allerdings mit Hanföl verdünnt und auf einen bestimmten CBD-Gehalt standardisiert.
Ist in CBD-Öl das psychoaktive THC enthalten?
Neben CBD ist auch das psychoaktive Tetrahydrocannabinol (THC) natürlicherweise in den Blättern, Blüten und Stängeln der Hanfpflanze enthalten. In den EU-zertifizierten Sorten darf der Gehalt an THC 0,2 % nicht übersteigen. Einen europaweit vereinheitlichten Grenzwert für THC in Lebensmitteln gibt es nicht, lediglich Richtwerte die für die Hersteller und die Lebensmittelüberwachung als Orientierung gedacht sind. Bei Nahrungsergänzungsmitteln liegt der Richtwert bei 150 µg/kg.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erklärt dazu: Würden die THC-Richtwerte eingehalten, sei nach jetzigem Wissensstand nicht mit bedenklichen Wirkungen zu rechnen. Allerdings betont die Behörde, dass die Richtwerte nur vorläufig seien, da noch nicht endgültig geklärt sei, wie stark einzelne Wirkungen durch THC von der Dosis abhängig seien.
Tatsächlich werden diese Richtwerte laut BfR sehr häufig überschritten. Bei hanfhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln (dazu zählten neben CBD-Ölen auch aus Hanfsamen hergestellte Proteinpulver) überschritten nahezu alle Proben (94 %) den Richtwert. Die Gehalte an THC lagen durchschnittlich bei 1230 mg/kg und überschritten den Richtwert also um mehr als das 10.000fache. Auch die aktuellen Untersuchungen des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Karlsruhe zeigen, dass ein Großteil der Proben als gesundheitsschädlich bzw. für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet beurteilt wurden.
Im kürzlich vorgestellten Jahresbericht der Lebensmittelüberwachung 2019 Baden-Württemberg wird von überhöhten THC-Werten in mehr als der Hälfte der kontrollierten CBD-Produkte berichtet, 22 % der Produkte wurden als gesundheitsschädlich eingestuft, weitere 34 % als "für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet".
Das CVUA Karlsruhe stellt darüber hinaus fest: Die Bewerbung von CBD-Ölen mit dem Werbeslogan "THC-frei" stellt eine erhebliche Täuschung und Irreführung des Verbrauchers dar. Tatsächlich hat auch die Stiftung Warentest in allen Produkte THC gefunden, wenn auch meist nur in Spuren. Vier Produkte enthielten mehr THC, als die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit für unbedenklich hält. Psychogene Effekte wie eine verminderte Reaktionsfähigkeit sind da nicht ausgeschlossen.