Nach einem Grußwort von Thomas Heilmann, Senator für Justiz und Verbraucherschutz, diskutierte eine hochkarätig besetzte Talkrunde über die Veränderungen im Verbraucherschutz und zukünftige Herausforderungen.
Für den Verwaltungsrat erinnerte Professor Jürgen Keßler, wie sich die Arbeit sich von der einfachen Haushaltgeräteberatung der ersten Stunde zu einem breiten Beratungsangebot mit vielfältigen Rechtsfragen entwickelte: Ernährung, Energie, Gesundheit, Pflege bis hin zur Schuldner- und Insolvenzberatung kaum eine Anfrage, die die Verbraucherzentrale heute nicht behandelt. Dabei war die Zukunft der Verbraucherzentrale nicht immer sicher, wie Professor Keßler betonte. So erinnerte er an die verhaltene Stimmung zum 50. Geburtstag, als nach Kürzungen der öffentlichen Zuschüsse der Fortbestand ernsthaft gefährdet war.
Hoffnung auf mehr Geld aus der Landeskasse
Einen optimistischen Blick in die Zukunft warf Senator Thomas Heilmann in seinem Grußwort. Er unterstrich die Bedeutung des Verbraucherschutzes, der durch die Bestellung einer Staatsekretärin für Verbraucherschutz auch politisch gestärkt sei. Er sicherte zu, in den senatsinternen Finanzverhandlungen für die Erhöhung der Zuschüsse an die Verbraucherzentrale zu kämpfen - eine Botschaft, die die Jubiläumsgäste gern hörten.
Heilmann betonte die Rolle der Verbraucherzentralen als Frühwarnsystem. Die würde immer wichtiger, da die Gesetzgebung mit vielen Produktentwicklungen und Geschäftsmodellen - insbesondere im Internet - immer weniger Schritt halten könne. "Schutz" des Verbrauchers sei dabei zu wenig, es gehe um das Empowerment der Bürger, so formulierte er die Herausforderung der Zukunft.
Talkrunde zum Wandel der Verbraucherarbeit
Staatsekretärin Sabine Toepfer-Kataw betonte die Rolle der Verbraucherzentrale als Marktwächter. Der Gesetzgeber sei auf den Sachverstand der Verbraucherschützer angewiesen, um Missstände abstellen zu können. Die Verbraucherzentrale sei auch eine Hilfseinrichtung. Gleichzeitig appellierte sie an die Eigenverantwortung der Verbraucher, deren Aufgabe es sei, sich aktiv zu informieren.
Die Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, Renate Künast, signalisierte dagegen Verständnis für die Verbraucher, die angesichts komplexer Entscheidungen und einer zunehmenden Informationsflut überfordert seien und deshalb zum Beispiel die Kennzeichnung von Lebensmitteln brauchen.
Die Aktualität der Verbraucherzentrale unterstrich Christoph Römer, dienstältester Mitarbeiter der Verbraucherzentrale. Schulklassen als eine wichtige Zielgruppe für die Verbraucherarbeit würden für Ernährungsfragen sensibilisiert oder auf Fallstricke von Handyverträgen hingewiesen.
Hatice Akyün, Kolumnistin beim "Tagespiegel", berichtete, dass sich bei den Verbrauchern mit Migrationshintergrund das Verbraucherbewusstsein gewandelt habe. Während die erste Einwanderergeneration zu Beginn noch auf den Staat vertraut hätte, wäre die zweite und dritte Generation deutlich kritischer. Die Bereitschaft, Beratungsangebote aufzusuchen, sei gewachsen. Eine positive Rolle spielen dabei auch die türkischsprachigen Beratungsangebote.
Bekannt und nah an den Verbraucheranliegen
Michael Plock von der Gesellschaft für Konsumforschung ergänzte aus Sicht der Marktforscher den Blick auf die Tätigkeit der Verbraucherzentrale: Die den Bürger am Herzen liegenden Top-Themen seien vor allem die Grundbedürfnisse Ernährung, Wohnen und Telekommunikation. Die Umfragen belegen, dass die Bekanntheit und Zufriedenheit mit der Verbraucherzentrale seit vielen Jahren stabil hoch sei. Vor einer Entwicklung warnte Plock dennoch: Der Verbraucherzentrale droht die junge Generation verloren zu gehen. Diese würden die Angebote weniger wahrnehmen, stattdessen lieber auf das Internet oder auf Familie und Freunde zurückgreifen.
Wunschliste für die Zukunft
Ein Geheimrezept, wie die junge Generation besser zu erreichen ist, hatten die Talkgäste nicht parat. Eva Bell als Vorstand unterstrich jedoch die Bereitschaft der Verbraucherzentrale und ihrer Mitarbeiter auf die wandelnden Rahmenbedingungen des Marktes zu reagieren, wie das in den vergangenen 60 Jahren schon gelungen sei. Ohne eine vernünftige finanzielle Ausstattung, die auch Strukturanpassungen und Marktanalysen ermögliche, ginge das freilich nicht. Erkennen, informieren und dann handeln so solle die Arbeit der Verbraucherzentrale in Zukunft aussehen. Bell präsentierte zum Abschluss der Talkrunde eine Wunschliste an die Politik. Dazu gehörte der Ausbau der Beratungsangebote in den Bereichen Schulden, Energierecht, Urheberrecht und Pflege ebenso wie die Förderung vernünftigen Verbraucherverhaltens zum Beispiel zum Energiesparen.
Der Dank der Verbraucherzentrale zum 60jährigen Jubiläum geht an die Mitglieder und den Verwaltungsrat, die Zuwendungsgeber und die Politik, die Medien und die Kooperationspartner sowie der Mitarbeiter für die beständige Unterstützung und Einsatzbereitschaft.