Magnesium beim Sport - Krampf lass nach?

Stand:
Magnesium ist bei Sporttreibenden populär. Ein Nutzen bei Wadenkrämpfen ist nicht belegt. Ein Zuviel kann schaden.
Wadenkrampf beim Sport

Das Wichtigste in Kürze:
Wirkung nicht bewiesen!

  • Dass Magnesium bei Wadenkrämpfen oder anderen Muskelproblemen hilft, ist wissenschaftlich nicht belegt.
  • Eine Leistungsförderung durch den Mineralstoff ist nicht zu erwarten.
  • Ein Zuviel an Magnesium kann zu Durchfällen führen und die Aufnahme anderer Mineralstoffe im Körper behindern.
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Was steckt hinter der Werbung zu Magnesium für Sporttreibende?

"Für einen gesunden Schlaf, so dass man sich schneller vom Training erholt", "zur Verminderung von Muskelkrämpfen" und "für eine normale Muskelfunktion, einschließlich des Herzmuskels" - mit solchen und ähnlichen Werbesprüchen werden Magnesiumtabletten an Sportler:innen verkauft. Mit diesen Werbeaussagen werden zugelassene Gesundheits­versprechen, sogenannte Health Claims, sehr frei interpretiert.

Es gibt zehn zugelassene Health Claims zu Magnesium, von denen zwei einen Bezug zum Sport aufweisen: "Magnesium trägt zur normalen Muskelfunktion bei" und "Magnesium trägt zur Reduktion von Müdigkeit und Ermüdung bei". Auch die Claims "Magnesium trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei" und "Magnesium trägt zur normalen Proteinsynthese bei" könnte man im weiteren Sinn als interessant für Sportler bezeichnen. Sie sind von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüft und von der EU zugelassen.

Es geht bei diesen Aussagen aber nur darum, dass normale Funktionen aufrechterhalten werden, nicht um eine Leistungssteigerung. Eine Verbesserung der Körperfunktion wird lediglich erzielt, wenn vorher ein Mangel vorlag.

Ein Magnesiummangel kommt in Deutschland allerdings selten vor. Und nicht jeder Wadenkrampf deutet gleich auf einen Magnesiummangel hin. Muskelkrämpfe können viele Ursachen haben, die Sie ärztlich abklären lassen  sollten.

Auch wenn eine Wirkung nicht belegt ist, sind Magnesiumtabletten die populärsten Nahrungsergänzungsmittel von Sporttreibenden, sowohl im Freizeitbereich als auch im Leistungssport, wie Befragungen ergaben.

Da es keine Beweise für die Vermeidung von Krämpfen oder eine Leistungssteigerung durch ein Extra an Magnesium gibt, wird der Mineralstoff auch nicht in positiven Bewertungen von ausgewählten Nahrungsergänzungsmitteln für Sportler:innen durch Fachgesellschaften erwähnt, allenfalls als Bestandteil von Multi-Mineralstoff-Produkten.

Muskelkrämpfe bei Sporttreibenden sind häufig kein Zeichen von Magnesiummangel, sondern von Fehl- oder Überbelastung. Sportmediziner:innen raten dazu, vor allen Dingen auf ausreichende Erholung und eine sinnvolle Verpflegung in Training und Wettkampf zu achten. Dazu gehört auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Sobald Sporttreibende in die Nähe ihres Leistungslimits geraten, steigt das Risiko für Muskelkrämpfe, besonders bei großer Hitze.

Akut einsetzende Krämpfe oder Verhärtung der Beinmuskeln bei sportlicher Belastung sind oft Folge einer gestörten Elektrolytverteilung. So führt neben einem Magnesium- auch ein Calcium-, Kalium- oder Kochsalzmangel zu einer erhöhten Krampfneigung.

Auf was sollte ich bei der Einnahme von Magnesium-Produkten achten?

Mit Lebensmitteln brauchen Sie eine Überversorgung mit Magnesium nicht zu fürchten, mit Nahrungsergänzungsmitteln kann das sehr schnell passieren. Schon zusätzliche Mengen von 300 mg pro Tag, über Tabletten aufgenommen, können zu Durchfall und Magen-Darm-Beschwerden führen.

Wenn Sie ein Multi-Mineralstoff-Produkt, das auch Magnesium enthält, nehmen möchten, sollten Sie unbedingt auf eine niedrige Dosierung achten, maximal 250 mg pro Tag, am besten auf zwei Portionen verteilt. Auch andere Mineralstoffe sollten nie über die Empfehlungen für die tägliche Zufuhr hinaus enthalten sein bzw. aufgenommen werden.

Nur bestimmte Magnesium-Verbindungen sind in Nahrungsergänzungsmitteln erlaubt.

Bei Magnesium-Verbindungen aus Nahrungsergänzungsmitteln müssen Sie mit unerwünschten Wechselwirkungen mit Antibiotika oder anderen Arzneimitteln rechnen. Bei Magnesium aus der Nahrung ist das eher unwahrscheinlich.

Die Aufnahme von Eisen und Zink aus dem Essen kann durch ein Zuviel an Magnesium behindert werden.

Mit magnesiumreichen Lebensmittel können Sie Ihren Bedarf decken, ohne dass eine Überversorgung zu fürchten ist. Die Ursache häufiger Wadenkrämpfe beim Sport sollte ärztlich geklärt werden.

Wofür braucht der Körper Magnesium?

Magnesium erfüllt viele lebenswichtige Aufgaben im Körper. Nicht nur als Bestandteil des Skeletts und der Zähne, auch für die Nerven- und Muskeltätigkeit ist der Stoff unerlässlich. Sowohl der Fett- als auch der Kohlenhydrat­stoffwechsel und die Energie­bereitstellung sind von ausreichend Magnesium abhängig. Es aktiviert ebenfalls Enzyme für den Eiweißaufbau.

Der Mineralstoff muss mit der Nahrung zugeführt werden. In einer Mangelsituation kann der Körper aber eine begrenzte Menge aus körpereigenen Speichern, z. B. aus den Knochen, freisetzen.

Besonders magnesiumreich sind Vollkornprodukte, wie Vollkornbrot und -nudeln, Haferflocken, Hülsenfrüchte (wie Linsen, Sojabohnen, Erbsen oder Bohnen), Kürbis- und Sonnenblumenkerne, Leinsamen und Sesam sowie Nüsse. Magnesiumhaltige tierische Lebensmittel sind z.B. Fleisch und Milchprodukte. Die Gehalte in natürlichem Mineralwasser können je nach Quelle stark schwanken, ab 50 mg pro Liter darf es als "magnesiumhaltig" beworben werden.

Kann ich meinen Tagesbedarf über die Nahrung decken?

Sporttreibende haben einen höheren Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen als Nichtsportler. Sie essen aber größere Mengen, um ihren höheren Energiebedarf zu decken. Dadurch nehmen sie auch mehr Vitamine und Mineralstoffe auf.

Bei Leistungssportler:innen bestimmter Sportarten (z.B. Turnen, Sportgymnastik, Ballett, Kampfsport in niedrigen Gewichtsklassen, Klettern) kann es allerdings vorkommen, dass eine vollwertige Ernährung nicht gelingt. Das kann immer dann passieren, wenn sie längerfristig nur sehr wenig essen. In diesem Fall haben Sporttreibende aber mit fast allen Nährstoffen ein Problem, nicht nur mit Magnesium.

Wesentlicher Faktor für einen Magnesiumverlust unter körperlicher Belastung ist vermutlich der Schweiß, der bis zu 2,5 mg/l Magnesium enthalten kann. Über den Schweiß können aber hauptsächlich relevante Mengen Eisen, Natrium, Kupfer und Zink verloren gehen, bei Magnesium und anderen Mineralien ist der Verlust über den Schweiß eher zu vernachlässigen. Im Ausdauersport können es unter Wettkampfbedingungen (Marathon) allerdings 5 l Schweiß und mehr sein. Dazu kommen häufig Magen-Darm-Probleme, so dass zusätzlich Magnesium verloren geht.  

Manche Kraftsportler  können wegen der hohen Eiweißaufnahme - Magnesium wird dann verstärkt über den Urin ausgeschieden - weniger gut mit Magnesium versorgt sein. Sie sollten aber, wie alle Sporttreibenden, zuerst versuchen, auf eine magnesiumreiche, aber insgesamt ausgewogene Ernährung zu achten (und sich ggf. Rat bei einer qualifizierten Ernährungsfachkraft zu holen), bevor zu Supplementen gegriffen wird.

Zum Anschauen:

Bundesinstitut für Risikobewertung (Juli 2022): Ob Nährstoffpillen wirklich helfen: Magnesium, YouTube

Quellen


Ziegenhagen R et al. (2020): Safety aspects of dietary supplements in sports. Position of the working group sports nutrition of the German Nutrition Society [Position der Arbeitsgruppe Sporternährung der DGE e. V.: Sicherheitsaspekte bei Nahrungsergänzungsmitteln im Sport], Ernährungsumschau international (2), M90-98

Carlsohn A et al. (2019) Minerals and vitamins in sports nutrition. Position of the working group sports nutrition of the German Nutrition Society (DGE). Ernährungs Umschau 66(12): 250–257

Garrison SR et al. (2020): Magnesium for skeletal muscle cramps. Cochrane Systematic Review - Intervention Version published: 21.09.2020

BfR (2021): Aktualisierte Höchstmengenvorschläge für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln
Stellungnahme Nr. 009/2021 vom 15.03.2021

BfR (2021): Höchstmengenvorschläge für Magnesium in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln, Stellungnahme Nr. 009/2021

Stellungnahme Nr. 034/2017 des BfR vom 12. Dezember 2017: BfR bewertet empfohlene Tageshöchstmenge für die Aufnahme von Magnesium über Nahrungsergänzungsmittel

Braun H, Deutsche Sporthochschule Köln (2012): 14. BfR-Forum "Nahrungsergänzungsmittel - Notwendig, Luxus oder gesundheitliches Risiko", Nahrungsergänzungsmittel für Sportler.

Kratzenstein S et al.(2016): Dietary Supplement Use in Young Elite Athletes and School Children Aged 11 to 13 Years. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 67 (1)

DOSB (2014): Nahrungsergänzungsmittel. Deutscher Olympischer Sportbund, 1. Auflage, Frankfurt am Main, Juni 2014.

Predel H-G et al. (2017): Magnesium im ambitionierten Breitensport – ein Update. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 68 (1)

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