Wechselwirkungen mit Medikamenten

Stand:
Nahrungsergänzungsmittel können in Wechselwirkung mit Medikamenten treten. Deren Wirkung kann dadurch verstärkt oder verringert werden. Vorher informieren schützt.
Wechselwirkungen: Nahrungsergänzungsmittel mit Medikamenten

Das Wichtigste in Kürze:
Achtung, kann der Gesundheit schaden

  • Nahrungsergänzungsmittel können die Wirksamkeit von Medikamenten beeinflussen und die Ergebnisse von Blut- oder Urinuntersuchungen (Laborwerte) verändern.
  • Ihre Ärzt:innen sollten daher über alles informiert sein, was Sie aktuell an Nahrungsergänzungsmitteln verwenden.
  • Wer regelmäßig Medikamente nimmt, sollte vor dem Einkauf eines neuen Produktes ärztlichen Rat einholen oder sich in der Apotheke informieren.
  • Wenn Ihnen unerwartete negative Wirkungen auffallen, melden Sie das der für Ihren Wohnort zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde und dem Hersteller. Stoppen Sie (zunächst) die Verwendung des Produkts und halten Sie sicherheitshalber Rücksprache mit Ihrer Apotheke.
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Wer Medikamente nehmen muss...

Wer Medikamente einnehmen muss, weiß, dass es wichtig ist, sich an die Einnahme­vorschriften zu halten. Das eine Medikament muss eine halbe Stunde vor dem Essen eingenommen werden, das andere zum Essen, wieder ein anderes erst zwei Stunden danach. Medikament A darf nicht zusammen mit Medikament B genommen werden bzw. es muss ein zeitlicher Abstand von mindestens vier Stunden dazwischen liegen. Grund dafür sind Wechselwirkungen zwischen den Arzneimitteln, die ansonsten dazu führen könnten, dass die verschiedenen Medikamente in ihrer Wirkung verstärkt, verringert oder sogar blockiert werden. Das kann im schlimmsten Fall lebensgefährlich sein.

Solche Wechselwirkungen gibt es ebenfalls zwischen Lebensmitteln und Arzneimitteln. Deswegen darf man Medikamente auch nur mit (Leitungs-)Wasser, nicht aber mit Säften - vor allem nicht mit Grapefruitsaft -, Tee oder Kaffee einnehmen.

Viele Nahrungsergänzungsmittel enthalten pflanzliche Stoffe, die ebenfalls zu solchen Wechselwirkungen führen können. Möglich sind sie aber auch bei Nährstoffen wie Vitaminen, Mineralstoffen oder Fettsäuren - gerade wenn diese, wie bei Nahrungs­ergänzungsmitteln häufig - sehr hoch dosiert sind. Ein gutes Beispiel ist das Biotin, welches die Werte von Schilddrüsen- und  Sexualhormonen bei Labortests und Herz-Kreislauf-Marker wie Troponin verfälscht.

Was kann ich selber tun, um mich zu schützen?

Wenn Sie Medikamente einnehmen müssen, sollten Sie vor dem Einkauf eines Nahrungs­ergänzungsmittels ärztlichen Rat einholen oder sich in der Apotheke eingehend informieren. Dort kann man Ihnen sagen, ob die Gefahr von Wechselwirkungen besteht und wie Sie diese ggf. durch zeitliche Abstände umgehen können.

Nahrungsergänzungsmittel können Einfluss auf die Laborwerte haben, beispielsweise die Blutgerinnung, den Hormonstatus oder den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Und in Ihrer Arztpraxis wundert man sich dann, warum die Medikamente bei Ihnen nicht wirken.

Auch der Urin kann sich durch Nahrungsergänzungsmittel zum Beispiel im pH-Wert ändern oder auch verfärben. Gleiches gilt für den Stuhl.

Deswegen ist es wichtig, dass die Sie betreuenden Gesundheitsfachleute (auch Heilpraktiker:innen, Ernährungsberater:innen, ggf. Zahnärzt:innen, Physiotherapeut:innen etc.) genau wissen, was Sie alles "für Ihre Gesundheit" tun. Wir haben dafür die Liste "Persönliche Gesundheitsapotheke" erstellt, in die Sie fortlaufend sämtliche von Ihnen genommenen Nahrungs­ergänzungsmittel und Medikamente eintragen können. Das ist ganz besonders wichtig in der Krebs-Behandlung, wie diese 2022 veröffentlichte Studie der Hochschule Fulda zeigt.

Eigentlich sollten Ärzt:innen und Co. Sie als Patienten fragen, ob Sie über die verordneten/empfohlenen Arzneimittel hinaus noch weitere Produkte wie Nahrungsergänzungsmittel einnehmen. Das können auch Nahrungsergänzungsmittel sein, die Ihnen beispielsweise in der Augenarztpraxis empfohlen wurden und von denen Ihre Hausarztpraxis nichts weiß. Das wird jedoch immer mal wieder vergessen. Denken Sie also daran, es selbst zu erwähnen - Ihrer Gesundheit zuliebe.

Unerwartete negative Wirkung auf Ihre Gesundheit?

Sie haben nach der Einnahme eine Nahrungsergänzungsmittels eine Wechselwirkung, eine unerwartete Hautreaktion oder gar schlimmere Symptome bemerkt?

  • Melden Sie das der für Ihren Wohnort zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde und setzen sich auch mit dem Hersteller in Verbindung.
  • Halten Sie sicherheitshalber Rücksprache mit Ihrer Hausarztpraxis bzw. Ihrer Apotheke.

Hersteller müssen dazu keine Informationen liefern

Wie alle Lebensmittel­produzenten sind auch die Hersteller von Nahrungs­ergänzungsmitteln nicht verpflichtet, über Wechselwirkungen mit Arzneimitteln zu informieren. Genau so wenig ist vorgesehen, etwas zu Gegenanzeigen (wer darf das Produkt nicht nehmen) und Nebenwirkungen (was könnte mit welcher Wahrscheinlichkeit passieren) zu sagen.

Vitamine und Mineralstoffe gibt es aber nicht nur als Nahrungs­ergänzungsmittel, sondern auch als Arzneimittel. Für Medikamente ist vorgeschrieben, dass diese auf einer Gebrauchs­information "Beipackzettel" über Gegenanzeigen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und Nährstoffen informieren müssen. Das gilt aber nicht für Nahrungs­ergänzungsmittel - auch wenn diese genauso hoch oder sogar noch höher dosiert sind.

Wenn Sie wissen möchten, welche möglichen Wechselwirkungen die Anbieter von Nahrungs­ergänzungsmitteln ganz legal verschweigen dürfen, finden Sie in dieser Übersicht detaillierte Informationen dazu.

 

Trotzdem fehlen in den Gebrauchs­informationen von Arzneimitteln häufig Informationen, die sich konkret auf Nahrungs­ergänzungsmittel oder mit Mikronährstoffen angereicherte Lebensmittel beziehen. Manchmal ist aber ein Hinweis zu finden, dass die Tablette XY nicht zusammen mit Milch oder Käse eingenommen werden darf. Dann könnte es sein, dass diese Tablette auch nicht zusammen mit der aufgelösten Calcium-Brausetablette eingenommen werden darf. Schilddrüsentabletten (Thyroxin) dürfen nicht zusammen mit Eisen genommen werden. Wenn nun aber zeitnah ein mit Eisen angereicherter Fruchtsaft getrunken wird, würde genau das passieren.  Nahrungsergänzungsmittel mit Kalium dürfen nicht genommen werden, wenn Medikamente gegen Bluthochdruck ärztlich verschrieben sind.

Die Lebensmittel­informations-Verordnung, Anhang III sieht lediglich Warnhinweise für bestimmte Zutaten wie Koffein, Süßholzwurzel (Glycyrrhizinsäure) und Phytosterine sowie für Azo-Farbstoffe und bestimmte Süßungsmittel vor. Außerdem ist eine deutliche Kennzeichnung von Allergenen (z.B. bei Glucosamin aus Schalentieren) vorgeschrieben.

Freiwillige Hinweise sind allerdings möglich und sollten von den Herstellern nach Möglichkeit auch genutzt werden. Die Abbildung zeigt das Positivbeispiel eines Nahrungsergänzungsmittels, welches Glucosamin und Chondroitin enthält.
 

Hinweise der BFR

 

Auch Nahrungsergänzungsmittel mit Melatonin sollten eigentlich unbedingt den Warnhinweis tragen, dass Sie nach der Einnahme nicht mehr Autofahren und keine Maschinen bedienen dürfen. Von der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA wurde empfohlen, dass bei Isoflavonen Hinweise zur maximalen Dauer der Einnahme angegeben werden. Leider fehlen entsprechende Hinweise bei vielen Produkten, wie ein Marktcheck der Verbraucherzentralen gezeigt hat.

Was auch fehlt sind bei vielen Brausetabletten die Angabe des Salz-Gehalts (wichtig u.a. für Menschen mit Hypertonie) sowie bei Vitamin-B12-Produkten ein Hinweis auf  den Kobalt-Gehalt (wichtig für Menschen mit Kobalt-Allergie).

Weitere Hinweisvorschläge des Bundesinstituts für Risikobewertung

Vitamin K: Bei Einnahme gerinnungshemmender Medikamente - Verzehr nur nach Absprache mit dem Arzt

Eisen: Frauen nach der Menopause, Schwangere und Männer - nur nach Rücksprache mit dem Arzt

Zink bei mehr als 3,5 mg pro Tagesdosis: Auf Einnahme weiterer Zink-haltiger Nahrungsergänzungsmittel sollte verzichtet werden

Calcium (Kalzium) bei mehr als 250 mg/Tagesdosis: Auf Einnahme weiterer Calcium-haltiger Nahrungsergänzungsmittel sollte verzichtet werden

Kupfer: für Kinder und Jugendliche nicht geeignet

Download:

Persönliche Gesundheitsapotheke

 

Zum Weiterlesen:

Wechselwirkungen, Nebenwirkungen, Gegenanzeigen von Nahrungsergänzungen

Tabletten, Tropfen & Co - "vertragen" die sich mit dem Essen?

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Wechsel- und Nebenwirkungen

Stiftung Gesundheitswissen: Beipackzettel: Darum sollten Sie ihn lesen. Stand: 10.10.2023

Was steht im Beipackzettel - Übersetzungshilfe (pdf zum Download). Stiftung Gesundheitswissen 2023

 

Quellen:


Smollich M, Podlogar J. Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart. 2. Auflage, 2020

Gröber U. Arzneimittel und Mikronährstoffe. Medikationsorientierte Supplementierung. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2. Auflage, 2012

Medikamenten-Überdosis durch Grapefruit. Stand: 13.09.2016 (abgerufen am 21.02.2024)

Nahrungsergänzungsmittel mit isolierten  Isoflavonen: Bei Einnahme in und nach den Wechseljahren Orientierungswerte für Dosierung und Anwendungsdauer einhalten. Mitteilung Nr. 043/2015 des BfR vom 16.11.2015 (abgerufen am 21.02.2024)

EFSA ANS Panel (2015): Scientific opinion on the risk assessment for peri- and post-menopausal women taking food supplements containing isolated isoflavones. EFSA Journal 13 (10): 4246ff

Smollich M (2015): Einflussfaktoren von Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln. dge-info (10): 156-9

Freitag-Ziegler G (2015): Wechselwirkungen zwischen Nahrungs- und Arzneimitteln. Ernährung im Fokus 15 (9/10): 286-91

BfArM: Arzneimittel-Informationssystem AMIce: Gebrauchsinformationen von Medikamenten recherchieren (abgerufen am 21.02.2024)

Datenbank der Universität Liverpool: Drug Interaction Resources [Wechselwirkungen mit Medikamenten gegen Krebs, HIV und Lebererkrankungen] (abgerufen am 21.02.2024)

Memorial Sloan Kettering Cancer Center: Search about Herbs [Wechselwirkungen insbesondere von Pflanzenstoffen] (abgerufen am 21.02.2024)

Bundesinstitut für Risikobewertung: Biotin in Nahrungsergänzungsmitteln kann Labortestergebnisse beeinflussen. Mitteilung Nr. 044/2019 vom 14.11.2019 (abgerufen am 21.02.2024)

Krejbich P; Birringer M (2022): The Self-Administered Use of Complementary and Alternative Medicine (CAM) Supplements and Antioxidants in Cancer Therapy and the Critical Role of Nrf-2—A Systematic Review. Antioxidants 11(11), 2149;

Drehscheibe Nahrungserganzugnsmittel

Nährstoffe in Lebensmitteln

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